In unserer Praxis arbeiten wir schwerpunktmäßig
mit dem von der kassenärztlichen Vereinigung anerkannten Verfahren der Verhaltenstherapie und ihren Erweiterungen: der kognitiven Verhaltenstherapie und
der Schematherapie.
Die Verhaltenstherapie betont die Bedeutung von Lernprozessen für die Entstehung problematischen Verhaltens. Sie geht davon aus, dass entweder ungünstiges Verhalten z.B. durch ungewollte Verstärkung von Bezugspersonen erlernt wurde oder für die Bewältigung bestimmter Situationen zentrale Kompetenzen nicht erlernt wurden. Ziel der Verhaltenstherapie ist es daher, dem Kind bzw. Jugendlichen dabei zu helfen, ungünstiges Verhalten wieder zu „verlernen“ bzw. wichtige Kompetenzen z.B. mit Hilfe von Rollenspielen zu erwerben. Dabei stehen weniger Gespräche als vielmehr praktische Übungen zur Veränderung des Problemverhaltens im Mittelpunkt. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil der Verhaltenstherapie im Vergleich zu anderen therapeutischen Ansätzen ist, dass sich die Behandlungserfolge recht schnell einstellen, so dass nicht unabsehbar viele Sitzungen stattfinden müssen, an denen die Kinder bzw. Jugendlichen dann irgendwann nicht mehr teilnehmen wollen.
Als Beispiel für eine verhaltenstherapeutische Behandlung sei hier auf das Vorgehen bei einer Phobie wie etwa einer Hundephobie eingegangen. Es wird angenommen, dass der Patient aufgrund einer negativen Erfahrung mit einem Hund – vielleicht wurde er als Kind einmal gebissen – eine unangemessen starke Angst vor Hunden gelernt hat. Im Rahmen der Therapie wird der Patient ermutigt, sich nach einer umfangreichen Aufklärung über Ängste und ihre Entstehung im Allgemeinen und seine Angst im Speziellen zunehmend schwierigeren Angstsituationen aussetzen, um so die Erfahrung machen zu können, dass die befürchteten negativen Konsequenzen nicht eintreten und die Angst bei Verbleiben in der Situation irgendwann abnimmt. Bei einer Hundephobie würde man dem Patienten etwa zunächst Bilder und später Videos von unterschiedlichen Hunden zeigen. Später könnte man ihm einen Hund in einer gewissen Entfernung zeigen und ihn ermutigen, sich diesem immer mehr anzunähern, bis er er den Hund schließlich angstfrei streicheln kann.
Die kognitive Verhaltenstherapie stellt eine Erweiterung der klassischen Verhaltenstherapie dar. Sie berücksichtigt die Erkenntnis, dass unser Denken einen großen Einfluss auf unsere Gefühle, unser Verhalten und auch auf unseren Körper hat. Dementsprechend geht die kognitive Verhaltenstherapie davon aus, dass belastende Gefühle, Körperreaktionen und Verhaltensweisen Folge von ungünstigem Denken in Form von negativen Denkmustern (z.B. Schwarz-Weiß-Denken oder Katastrophisieren) und Grundüberzeugungen („Ich bin ein Versager!“) sind. Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist es daher, die ungünstigen Gedanken zu identifizieren, sie als wenig hilfreich und realistisch zu „entlarven“ und sie dann durch hilfreiche und angemessene Gedanken zu ersetzen.
Beispiel: Ein in der Schule eigentlich gutes Kind schiebt seine Hausaufgaben seit einer schlechten Note immer vor sich her. In der Therapie erkennen Kind und Therapeut, dass dies an folgendem Gedanken liegt: „Die Aufgaben sind zu schwierig für mich. Die schaffe ich sowieso nicht!“ Mit Hilfe verschiedener Gesprächstechniken verhilft der Therapeut dem Kind zu der Einsicht, dass dieser Gedanke weder hilfreich noch - angesichts seiner bisherigen guten Leistungen - angemessen ist. Als hilfreiche Alternative erarbeiten sie folgenden Gedanken, den das Kind sich nun immer vor den Hausaufgaben sagen soll: „Bevor ich mir das jetzt einrede und meine Angst nur noch größer wird, probiere ich es jetzt erst einmal aus. Irgendetwas werde ich schon hinbekommen. Schließlich habe ich das ja früher auch geschafft!“
Die Schematherapie ist eine Weiterentwicklung der kognitiven Verhaltenstherapie. Stärker als diese betont sie die Bedeutsamkeit der bisherigen Lebensgeschichte, insbesondere der kindlichen Entwicklung, für die Entstehung psychischer Probleme: Wenn ein Kind wiederholt negative Erfahrungen macht, kann daraus ein ungünstiges Verhaltensmuster – ein sog. maladaptives Schema – und ungünstige Bewältigungsstrategien entstehen. Beispiel:
Tim wurde als Kind oft alleingelassen oder zurückgewiesen. Sein Bedürfnis nach Bindung wurde nicht ausreichend befriedigt, so dass bei ihm das Schema „Verlassenheit“ entstanden ist. Die daraus entwickelte Bewältigungsstrategie ist bei Tim, dass er sich als Jugendlicher an andere Menschen anklammert, aus Angst (wieder) verlassen zu werden.
In der Therapie werden nun in einem ersten Schritt die für das Problem des Kindes oder Jugendlichen relevanten Schemata zusammen mit diesem erarbeitet und möglichst anschaulich mit Hilfe von Zeichnungen oder auch Puppen und Figuren dargestellt. Vertiefend können im Rahmen der sog. Stühlearbeit auch den verschiedenen problemrelevanten Persönlichkeitsanteilen (oder Modi) wie dem „inneren Kritiker“ oder dem „wütenden Kind“ Stühle zugewiesen werden, wobei das Kind angeregt wird, wechselseitig auf den verschiedenen Stühlen Platz zu nehmen und sich ganz in den jeweiligen Anteil oder Modus einzufühlen. Auf diese Weise erhält das Kind einen sehr unmittelbaren Zugang zu den Ursachen seines Problems und wird mit Unterstützung des Therapeuten in die Lage versetzt, sein „inneres Team“ so zu beeinflussen, dass es wieder für ihn arbeitet und das Kind wieder „Chef im eigenen Hause“ wird.